Der Siemens Desiro Classic ist ein von Siemens Mobility (vormals Siemens Transportation Systems) hergestellter Nahverkehrs-Triebzug aus der Familie Siemens Desiro.
Siemens Desiro Classic | |
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Desiro Classic der DB-Baureihe 642 in Scharfenstein | |
Nummerierung: | DB: 642 001–149, 156–238; 501–649, 656–738 Vogtlandbahn: VT 01A/B – 26A/B |
Anzahl: | 320 |
Hersteller: | Siemens Mobility (vormals Siemens Transportation Systems) |
Baujahr(e): | 1999–2010 |
Achsformel: | B’2’B’ |
Spurweite: | 1435 mm (Normalspur) |
Länge über Kupplung: | 41.700 mm |
Breite: | 2.830 mm |
Leermasse: | etwa 69 t |
Dienstmasse: | 68 t; Höchstgewicht 88 t |
Höchstgeschwindigkeit: | 120 km/h |
Dauerleistung: | 2 × 275 kW, optional 2 × 360 kW |
Motorentyp: | MTU 6R 183 TD13H[1] |
Anzahl der Fahrmotoren: | 2 × Sechszylinder-Dieselmotoren von MTU bzw. MAN |
Antrieb: | Dieselmechanisch |
Übersetzungsstufen: | Mechanisch (Hydraulischer Anfahrwandler) |
Kupplungstyp: | Scharfenbergkupplung Typ 10 |
Sitzplätze: | 1. Klasse (falls vorhanden): 12; 2. Klasse: mindestens 98 |
Stehplätze: | 110 |
Fußbodenhöhe: | 575 mm über SO (Einstieg) |
Besonderheiten: | Mehrfachtraktion: max. 3 Einheiten; Prototyp mit Hybrid-Antrieb vorhanden |
Anschaffungspreis: etwa 1,2 Mio. Euro |
Die meisten Desiro Classic sind als zweiteilige Verbrennungstriebwagen mit dieselhydraulischem Antrieb ausgeführt.
In Deutschland werden die Fahrzeuge vor allem im Nahverkehr der Bundesländer Bayern, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Rheinland-Pfalz, Hessen und im Saarland eingesetzt. Bei der Deutschen Bahn AG wird der Triebzug als Baureihe 642 geführt.
Seit ihrer Auslieferung im Jahr 2000 werden die Verbrennungstriebwagen der Baureihe 642 unter anderem in den Großräumen Nürnberg, Augsburg, Kempten (bis zum 11. Dezember 2021 ungefähr noch fünf und seit dem 12. Dezember 2021 noch mindestens zwei Einheiten, 642 094 und 212), sowie rund um Dresden, Zwickau, Erfurt, Kaiserslautern, Leipzig, Chemnitz und Rostock eingesetzt. Auf einigen Nebenstrecken in Bayern und Sachsen werden nur noch die neuen Triebwagen verwendet, um die Vorteile moderner Fahrzeuge – wie die hohe Beschleunigung und die Möglichkeit der Schaffung von Bedarfshalten – zu nutzen. Auf der topografisch schwierigen Müglitztalbahn Heidenau–Altenberg wurde durch die neuen Fahrzeuge eine signifikante Reisezeitverkürzung und eine Vervielfachung der Fahrgastzahlen ermöglicht.
Zwischen Dresden Hauptbahnhof und Wrocław Główny (Breslau Hauptbahnhof) verkehrten Desiro Classic von März 2009 bis Dezember 2019 mit drei Zugpaaren täglich, zwischen Görlitz und Wrocław häufig in Doppeltraktion. Die auf dieser Linie verkehrenden Triebzüge wurden für den Betrieb im polnischen Netz ertüchtigt.
Seit Dezember 2008 werden die Triebwagen auch im Westpfalznetz der DB Regio Südwest eingesetzt. Sie wurden dort aufgrund der erhöhten Bahnhofsdichte und des engen Fahrplans mit stärkeren Motoren und Trittstufen an den Türen ausgestattet. Zudem erhielten die Triebwagen eine neue Inneneinrichtung. Einige bekamen dabei auch eine „Zugtaufe“, bei der die Fahrzeuge Städte- und Ortsnamen mit Wappen aus dem Dieselstreckennetz erhielten. (Beispiel: 642 107 – Zweibrücken). Seit Dezember 2010 kommen diese Fahrzeuge und die Bombardier-Talent-Züge im Südpfalznetz zum Einsatz.
Im Großraum Kempten, wo seit den 2000ern viele Fahrzeuge der Baureihe im Einsatz waren, wurden die Züge bis zum Fahrplanwechsel 2021/22 sukzessive durch Triebwagen der Reihen 612 und 633 ersetzt (zuletzt zwischen Augsburg, Bad Wörishofen und Memmingen).[2] Mindestens noch zwei Fahrzeuge (642 094 und 212) sind noch in Kempten beheimatet (laut Aufschrift auf den Fahrzeugen) und werden noch sporadisch im Raum Augsburg eingesetzt (Stand September 2022).
Die Triebwagen der Reihe 642 werden teilweise in Mehrfachtraktion auf Regionalbahn- und Regionalexpress-Strecken eingesetzt. Dies sind beispielsweise
Folgende Unternehmen haben Fahrzeuge vom Typ Desiro Classic im Bestand. Einige Triebwagen sind derzeit mangels Bedarf durch Streckenstilllegungen und -neuvergaben allerdings abgestellt.
Unternehmen | Anzahl |
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DB Regio | 234 |
Die Länderbahn | 26 |
Ostdeutsche Eisenbahn | 6 |
Hessische Landesbahn | 6 |
Außerhalb Deutschlands verkehren diverse Varianten des Desiro Classic mit unterschiedlichen Ausstattungsmerkmalen:
Land | Bezeichnung | Anzahl |
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Bulgarien | BDŽ-Baureihe 10 | 25 |
Dänemark | DSB MQ | 28 |
Österreich | ÖBB 5022 | 60 |
Rumänien | CFR-Baureihe 96 | 120 |
Ungarn | MÁV-Baureihe 6342 | 31 |
USA | NCTD Sprinter | 12 |
Von 2003 bis 2005 wurden von der OSE außerdem acht zweiteilige Dieseltriebwagen als Reihe 660 eingesetzt, die danach an die MÁV abgegeben wurden.
Acht von DB Regio gemietete Triebwagen der Reihe 642 werden von den Österreichische Bundesbahnen auf der Mattigtalbahn eingesetzt.[3]
Der Fahrgastraum ist gegliedert in den Niederflurbereich (von einem Einstieg bis zum Sitzbereich über dem Jakobsdrehgestell) und die höher gelegenen Bereiche an jedem Wagenende. Aufgrund des vergleichsweise großen Motorraums besitzt die Baureihe 642 jedoch einen geringeren Niederfluranteil als vergleichbare Züge wie zum Beispiel Bombardier Talent oder Alstom Lint. Glaswände und -türen trennen Einstiegsräume und Übergangsbereiche voneinander ab. Die Wände bestehen aus Kunststoff, teilweise aus Holz.
Die Züge der Baureihe 642 gibt es mit verschiedenen Sitzverteilungen. Die ursprüngliche Variante verkehrt mit 98 Sitzen der zweiter Klasse und 12 Sitzen im Erste-Klasse-Bereich. Im niederflurigen Einstiegsbereich schaffen Klappsitze an der Wand Platz für Fahrräder, Rollstühle oder Kinderwagen. In der Ausführung, die in einigen Teilen Bayerns zum Beispiel auf der Kahlgrundbahn zu finden ist, entfällt die erste Klasse.
Über den Sitzplätzen gibt es eine durchgehende gläserne Gepäckablage mit Leuchtband, je Sitzgruppe gibt es einen Haltewunsch-Knopf. Die Haltestellen werden computergesteuert via GPS angesagt und im Innenraum angezeigt. Auf Anzeigetafeln an den Stirnseiten (dem Zugkopf) und an den Seiten wird das Fahrziel (und je nach Display-Generation auch die Zwischenhalte) für die Wartenden auf dem Bahnsteig angezeigt. Die Toilette ist behindertengerecht im Niederflurbereich durch eine breite Schiebetür zu erreichen und als geschlossenes System angelegt. In den Einstiegsräumen gibt es eine Fahrgastsprechanlage zum Triebfahrzeugführer.
Der Fahrgastraum wird durch eine Warmwasser-Umluft-Heizung, bei extremer Kälte durch Ölfeuerung geheizt. Im Sommer soll die Klimaanlage für behagliche Temperaturen sorgen, allerdings sind die Anlagen noch immer störanfällig. Pro Wagen können sechs Fenster gekippt werden, in fast allen Zügen bleiben sie jedoch wegen der Klimaanlage verschlossen.
Die breiten Einstiege sind stufenlos als automatische Schwenkschiebetüren angelegt. Am Übergang zum normal hohen Fahrgastraum sind neben der Treppe Recyclingbehälter eingebaut, unter jedem Sitz (außer den Klappsitzen) befindet sich ein ausziehbarer Müllbehälter/Aschenbecher, diese wurden in den Fahrzeugen der DB Regio AG allerdings teilweise entfernt.
Durch verschiedene Redesign-Varianten gibt es mittlerweile verschiedenste Ausstattungsvarianten. So wurden inzwischen und regional unterschiedlich unter anderem Ticketautomaten, Kameraüberwachungssysteme, Kaffeeküchen oder auch zusätzliche Informationsmonitore nachgerüstet.
Der Wagenkasten ist als selbsttragende Aluminiumröhre in Integralbauweise konstruiert. Die Kopfteile mit den Führerständen sind als vorgefertigte GfK-Module ausgeführt, die auf das verlängerte Untergestell des Aluminiumwagenkastens aufgeklebt sind.
Die Baureihe 642 wird von zwei Dieselmotoren der Hersteller MTU oder MAN angetrieben (jeweils 275 kW / 374 PS oder 315 kW / 428 PS oder 335 kW / 455 PS oder 360 kW / 490 PS). Diese befinden sich jeweils unter dem Hochflurbereich zwischen dem angetriebenen Drehgestell und dem Niederflurbereich. Ihr Drehmoment wird über ein hydromechanisches Fünfgang-Automatikgetriebe mit Anfahrwandler und integriertem Retarder auf das äußere Drehgestell übertragen.
Die Triebwagen sind mit einer direkten elektropneumatischen Bremse (ep-Bremse) und einer indirekten mehrlösigen Druckluftbremse als Rückfallebene ausgestattet. Zusätzlich rüstete man die Triebdrehgestelle mit Magnetschienenbremsen aus. Mit dem Retarder wird bei Nutzung der ep-Bremse zudem hydrodynamisch gebremst. Als Feststellbremse sind Federspeicherbremsen vorhanden. Die Magnetschienenbremse kommt bei Zwangs- und Schnellbremsungen zum Einsatz, bei Notbremsungen jedoch bleibt sie unwirksam. Zudem kann sie vom Triebfahrzeugführer über einen Kippschalter zugeschaltet werden.
Als Zug- und Stoßeinrichtung sind Scharfenbergkupplungen mit Kontaktaufsätzen vorhanden. Diese sollten ursprünglich Mehrfachtraktion mit den Baureihen 640, 641, 643, 644, 646 und 648 ermöglichen, was sich jedoch mangels kompatibler Fahrzeug-Software als nicht möglich erwies. Lediglich ein Abschleppen anderer Baureihen ist möglich. Jedoch ist durch diese Kupplung ein automatisches An- und Abkuppeln eines zweiten Triebwagens derselben Baureihe möglich. Dadurch wird das sogenannte Flügeln, die vereinigte Führung zweier Züge mit unterschiedlichem Laufweg auf einer Teilstrecke, betrieblich wesentlich erleichtert.
Unter den großen Fenstern an der Stirnseite ist eine Matrix-Zugziel-Anzeige angebracht. Im Mehrzweckabteil einiger Fahrzeuge befindet sich ein Fahrkartenautomat. Zusätzlich besitzen einige Züge Schiebetritte zur Spaltüberbrückung und eine Videoüberwachung.
2011/12 wurde der Triebwagen 642 129 der Westfrankenbahn als Prototyp mit einem Hybridantrieb ausgestattet. Dabei wurden die ursprünglich vorhandenen, je 275 kW leistenden Dieselmotoren durch zwei als Parallelhybrid konstruierte, sogenannte PowerPacks von MTU Friedrichshafen ersetzt sowie zur Speicherung der Bremsenergie Lithium-Eisenphosphat-Akkumulatoren auf dem Dach des Fahrzeuges eingebaut (siehe auch: Nutzbremse).
Die Powerpacks bestehen aus einem 315 kW (428 PS) leistenden Dieselmotor sowie einer elektrischen Maschine, die sowohl als Generator als auch als Motor arbeiten kann und eine Dauerleistung von 200 kW (272 PS) aufweist (Spitzenleistung für 60 Sekunden 400 kW). Die Akkumulatoren besitzen eine Kapazität von 4,7 Kilowattstunden. Insgesamt sollte durch Einsatz des Hybridantriebs eine Energieersparnis von bis zu 25 Prozent möglich sein, daneben könnten die Fahrzeuge über gewisse Distanzen auch rein elektrisch und damit deutlich leiser als im Dieselbetrieb fahren.
Die bisher mechanisch angetriebene Klimaanlage wurde durch eine neu entwickelte CO2-Klimaanlage mit elektrischem Antrieb ersetzt, diese soll die Wirtschaftlichkeit des Fahrzeugs um 10 Prozent verbessern.[4]
Die umgerüstete Einheit wurde auf der InnoTrans 2012 offiziell vorgestellt. Ein ab Ende 2012 auf der Bahnstrecke Aschaffenburg–Miltenberg in Bayern geplante Einsatz im Fahrgastbetrieb kam nicht zustande.[5] Im Rahmen des Projekts „EcoTrain“[6] wurde ein weiteres Fahrzeug für die Erzgebirgsbahn umgebaut.[7]
Anschließend sollte ein modifiziertes und modular in Triebwagen unterschiedlicher Baureihen einzubauendes Hybrid-Power-Pack einsatzreif entwickelt werden. Nach der erfolgten Zulassung sollte eine Kleinserie im Fahrgastbetrieb bei der Erzgebirgsbahn erprobt werden.[8] Wäre die Zulassung wie erhofft bis zum Jahr 2017 erfolgt, wollte die Erzgebirgsbahn weitere zwölf Einheiten umbauen.[9]
Das Bundesverkehrsministerium unterstützte das Projekt mit 1,9 Millionen Euro.[10] Zu einem Regeleinsatz kamen die Hybridtriebwagen jedoch nicht. Im Juli 2020 brach die Deutsche Bahn das Vorhaben ab, nachdem im Juni verschärfte Zulassungsbedingungen in Kraft getreten waren. Außerdem scheiterte das Projekt aufgrund der Masse der Triebwagen, wo sie nur max. 80 km/h fahren könnten. Der begrenzte Fahrraum hätte auch zu einem großen Problem geführt, da die Batterien viel Platz benötigten. Seit 2021 wurde der Probetriebwagen innen fast komplett zurückgebaut und abgestellt.
Bei Vergleichsfahrten im Juli 2020 konnte der zum EcoTrain umgebaute Triebwagen mit der Hybrid-Technologie eine Dieselkraftstoffeinsparung von 30 % erzielen.[11]
Für die Westfrankenbahn werden seit 2017 insgesamt 35 Triebwagen einer Modernisierung unterzogen. Durch Chiptuning wird die Leistung von 275 kW auf 315 kW heraufgesetzt, Schiebetritte werden eingebaut und die Züge weiterhin mit WLAN und mit Fahrgastinformationssystemen ausgerüstet.[12]
Die Länderbahn hat 2020 Triebzüge für den Einsatz im Ostsachsennetz innen modernisiert und außen mit einem orange/weißen Anstrich versehen.[13]
Ein Teil der Desiro Classic wurde als zwei- bis fünfteilige Elektrotriebzüge ausgeführt und nach Bulgarien, Griechenland und Slowenien ausgeliefert.
Land | Bezeichnung | Anzahl |
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Bulgarien | BDŽ-Baureihe 30 | 25 |
Griechenland | OSE-Baureihe 460 | 20 |
Slowenien | SŽ-Baureihe 312 | 30 |
Oldenburg · Preußen · Sachsen · Württemberg · Deutsche Reichsbahn (1920–1945) · Deutsche Bundesbahn · Deutsche Reichsbahn (1945–1993) · Deutsche Bahn
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Desiro Classic |
DB-Baureihe 642 • CFR-Baureihe 96 • DSB MQ • VT 1.0/1.5-ETCS • ÖBB 5022 • MÁV-Baureihe 426 • OSE-Baureihe 460 • OSE-Baureihe 660 • BDŽ-Baureihe 10 • BDŽ-Baureihe 30 • NCTD Sprinter • SŽ-Baureihe 312 |
Desiro UK |
Britische Klasse 185 • Britische Klasse 350 • Britische Klasse 360 • Suvarnabhumi Airport Rail Link • Britische Klasse 380 • Britische Klasse 444 • Britische Klasse 450 |
Desiro City |
Britische Baureihe 700 • Britische Baureihe 707 • Britische Baureihe 717 |
Desiro Mainline |
TDR-Baureihe 460 • NMBS/SNCB-Reihe AM 08 • RŽD-Baureihe ЭС1 • ÖBB/Raaberbahn/ODEG-(Bau-)Reihen 4744 und 4746 |
Desiro Double Deck | |
Siemens Desiro HC |
Baureihe 462 (Rhein-Ruhr-Express) • DB-Baureihe 1462 (Netz Rheintal) • Desiro HC der Israel Railways |