Der Alstom Coradia Polyvalent ist eine Typenfamilie von Gliedertriebzügen des Herstellers Alstom aus der Coradia-Familie, die bis anhin hauptsächlich auf dem französischen Markt verkauft wurde. Die SNCF schloss im Oktober 2009 mit Alstom einen Rahmenvertrag über 1000 Züge unter dem Namen Régiolis für den Einsatz im Regionalverkehr der französischen Regionen (TER) ab.[4]
Alstom Coradia Polyvalent | |
---|---|
Alstom Regiolis B 84549 im Bahnhof Montreuil-Bellay | |
Nummerierung: | Z 51500 Z 54900 B 83500 B 84500 B 85900 |
Anzahl: | 387 bestellt, davon 300 ausgeliefert (Mai 2020) |
Hersteller: | Alstom |
Baujahr(e): | 2011–… |
Achsformel: | Bo’2’2’Bo’ (dreiteilig) Bo’2’2’2’Bo’ (vierteilig) Bo’2’2’2’Bo’2’2’Bo’ (sechsteilig) |
Spurweite: | 1435 mm (Normalspur) |
Länge über Kupplung: | 56,4 m (dreiteilig) 71,8 m (vierteilig) 110 m (sechsteilig)[1] |
Höhe: | 4,29 m |
Breite: | 2,85 m |
Radsatzfahrmasse: | bis zu 20 t |
Höchstgeschwindigkeit: | 160 km/h oder 200 km/h nur im Fahrleitungsbetrieb |
Traktionsleistung: | vierteilig: 0 850 kW (Diesel)[2] 1 700 kW (elektrisch) sechsteilig: 1 300 kW (Diesel) 2 600 kW (elektrisch) |
Beschleunigung: | Dieselelektrisch: 0,85 m/s² Elektrisch: 0,94 m/s² |
Treibraddurchmesser: | 840/770 mm |
Motorentyp: | Dieselmotor |
Motorbauart: | 4/6 × MAN D 2676LE62X à 340 kW |
Leistungsübertragung: | elektrisch |
Stromsystem: | 1,5 kV = 25 kV 50 Hz ~ 15 kV 16,7 Hz ~ |
Stromübertragung: | Oberleitung |
Anzahl der Fahrmotoren: | 4/6 Synchronmotoren mit Permanentmagneten |
Antrieb: | Dieselelektrisch und elektrisch |
Zugbeeinflussung: | ERTMS, KVB, PZB (Dritte nur Deutschlandfahrzeuge)[3] |
Sitzplätze: | 162 (dreiteilig; Régional) 220 (vierteilig; Régional) 354 (sechsteilig; Régional) |
Fußbodenhöhe: | 600 mm |
Niederfluranteil: | 100 % |
Klassen: | 2 |
Im Herbst 2021 wurde durch Alstom der Verkauf der Coradia Polyvalent-Typenfamilie an CAF bekannt gegeben. Die Übernahme durch den spanischen Hersteller wurde zum 1. August 2022 abgeschlossen.[5][6] Der Verkauf an einen Wettbewerber war eine Auflage der Wettbewerbsbehörde der Europäischen Kommission für die Genehmigung der 2021 erfolgten Fusion von Alstom und Bombardier Transportation.[7]
Aus dem im Oktober 2009 zwischen Alstom und der SNCF geschlossenen Rahmenvertrag über 1000 Züge wurden bis Februar 2011 bereits 164 Züge bestellt, die von den Regionen Elsass, Aquitanien, Basse-Normandie, Franche-Comté, Haute-Normandie, Lothringen, Midi-Pyrénées, Pays de la Loire, Picardie, Auvergne, Poitou-Charentes und Provence-Alpes-Côte d’Azur bezahlt wurden.[8] Bis Mai 2020 waren aus dem Rahmenvertrag 387 Züge bestellt und 300 Züge produziert worden.[9][10] Darin enthalten sind 67 Züge, die der französische Staat für den nationalen Fernverkehr bestellte, und von Alstom als Coradia Liner bezeichnet werden.[10] Daneben erhielt Alstom Bestellungen über 13 Coradia Polyvalent für den CDG Express sowie für den Export: 17 Züge wurden von der SNTF (Algerien) und 15 von APIX (Senegal) bestellt.[10]
Die Triebzüge werden in Alstom-Werken in Frankreich hergestellt. Entwicklung und Endmontage finden im Alstom DDF-Werk in Reichshoffen statt, die Drehgestelle werden in Le Creusot gefertigt, die Fahrmotoren in Ornans, die Achsantriebe in Tarbes und die Leittechnik in Villeurbanne. Die Dieselmotoren werden von MAN Truck & Bus zugeliefert.[11]
Der erste Zug wurde im Juni 2011 der Öffentlichkeit vorgestellt.[12] Im Dezember wurde der erste Zug für die Region Alsace in Strasbourg der Öffentlichkeit vorgestellt.[13] Testfahrten fanden von November 2011 bis Januar 2013 statt, unter anderem auf der Bahnstrecke Vendenheim–Wissembourg im Abschnitt Hoffen–Wissembourg, im Centre d'essais ferroviaires in Valenciennes, im Abschnitt Nançois-Tronville–Ernécourt-Loxéville der Bahnstrecke Paris–Strasbourg und auf später im Regelbetrieb befahrenen RFF-Strecken.[14]
Im Jahr 2012 bestellten die Regionen Alsace zwei und Midi-Pyrénées fünf Züge zusätzlich.[15][16] Ende März 2013 bestellte die Region Franche-Comté sieben Züge.[17]
Die ersten Fahrzeuge beendeten, nach 200 000 km, im September 2013 die dynamischen Tests. Den Regionen Elsass, Aquitaine, Basse-Normandie, Lothringen und Picardie wurden die erste Fahrzeuge ausgeliefert. Der Fahrgasteinsatz begann am 22. April 2014 mit einer Fahrt von Bordeaux nach Agen.[18] Für die im Vergleich zu Vorgängerbaureihen breiteren Wagen waren nach Medienberichten Anpassungsarbeiten an 1200 Bahnhöfen notwendig.[19]
Die Züge sollen ab Dezember 2024 auch auf deutsch-französisch-grenzüberschreitenden Nahverkehrslinien eingesetzt werden. Diese sind:
Linienweg | Genutzte Bahnstrecken (nur kurz mitbenutzte Streckenabschnitte werden nicht erwähnt) |
---|---|
Metz – Perl – Trier | Metz – Luxembourg (Metz – Thionville), Obermoselstrecke |
Metz – Forbach – Saarbrücken | Metz – Saarbrücken |
Strasbourg – Sarreguemines – Saarbrücken | Strasbourg – Sarreguemines, Sarreguemines – Saarbrücken |
Strasbourg – Wissembourg – Neustadt a. d. Weinstraße | Strasbourg – Wissembourg, Wissembourg – Winden – Neustadt |
Strasbourg – Lauterbourg – Wörth (Rhein) – Karlsruhe | Strasbourg – Wörth, Winden – Karlsruhe (Wörth – Karlsruhe) |
Strasbourg – Offenburg | Strasbourg – Appenweier (– Offenburg) |
Mulhouse – Müllheim (Baden) | Mulhouse – Neuenburg – Müllheim |
Für die Ausschreibung sind auf französischer Seite die französische Region Grand Est sowie auf der deutschen Seite die beiden rheinland-pfälzischen Zweckverbände SPNV Nord und ZSPNV Süd, das Saarland und das Land Baden-Württemberg zuständig.[20] Die Ausschreibung des Betriebs, die 525 km Strecken umfasst, wurde im Dezember 2021 veröffentlicht; die neuen Anbieter sollen Mitte 2023 bestimmt werden.[21] Die Züge werden durch die Region Grand-Est bestellt.[22] Der erste Prototyp des Zuges wurde auf deutscher Seite im Juli 2021 vorgestellt.[23]
Alstom liefert im Rahmen der Ausrüstung der Bahnstrecke Sighișoara–Simeria mit ETCS einen zweikraftfähigen Coradia Polyvalent als Testfahrzeug an die CFR.[24] Die vierteilige Einheit wurde Ende Juli 2016 nach Rumänien überführt.[25]
Der Hersteller gab im Juli 2015 den Auftrag zur Lieferung von 17 Zweikrafteinheiten an die algerische SNTF bekannt. Die Auslieferung der sechsteiligen Fahrzeuge mit 265 Sitzplätzen soll im Januar 2018 beginnen.[26] Die Investitionsbehörde des Senegals (APIX) beschafft im Auftrag des Infrastrukturministeriums 15 Zweikrafttriebzüge. Die vierteiligen Einheiten mit einer Kapazität von 400 Fahrgästen dienen der Anbindung Dakars an Diamniadio sowie den zu eröffnenden Flughafen Dakar-Blaise Diagne und werden ab 2017 gebaut.[27]
Die SNCF will bis 2035 alle Dieselantriebe ersetzen.[28] Folgende Maßnahmen betreffen Régiolis-Züge:
Im Jahr 2021 fuhren 32 der dieselelektrischen Züge testweise mit Biodiesel aus Rapsöl.[29]
Ein hybrider Zug mit kleinem Lithium-Ionen-Akkumulator zur Rekuperation von Bremsenergie wird seit Juli 2021 getestet und soll ab 2023 im Regelbetrieb verkehren.[29] Größere Akkumulatoren mit 80 km Reichweite sollen den Dieselantrieb ganz ersetzen, erste Exemplare ab 2024 im Regelbetrieb verkehren.[29]
Vier Regionen Frankreichs bestellten Anfang 2022 zwölf Züge mit Brennstoffzellenantrieb für 130 Mio. Euro, wovon 47 Mio. Euro die französische Regierung trägt.[30] Von diesen Régiolis H2 genannten Zügen gehen drei an Okzitanien für die Strecke Montréjeau–Luchon, drei an die Region Auvergne-Rhône-Alpes für die Strecke Clermont-Ferrand–Lyon, drei an die Region Bourgogne-Franche-Comté für die Strecke Auxerre–Laroche-Migennes und drei an die Region Grand Est für die Strecke Strasbourg–Hagenau–Niederbronn-les-Bains.[31] Die Wasserstofftechnik wird bei Alstom in Tarbes hergestellt, die Endmontage der Züge erfolgt im Werk Reichshoffen, wobei die Brennstoffzellenantriebstechnik auch nach dem Verkauf der Polyvalent-Plattform und des Werks Reichshoffen an CAF durch Alstom geliefert wird. Die beiden Hersteller planen auch in Zukunft in einer Arbeitsgemeinschaft die Züge mit Wasserstoffantrieb unter dem Namen Coradia Polyvalent H2 den Kunden anzubieten.[32] Sie sollen ab 2024 mit den Testfahrten beginnen und ab Ende 2025 den kommerziellen Betrieb aufnehmen.[31] Die vierteiligen Régiolis H2-Züge fassen 220 Fahrgäste. Sie können mit 1500 V Gleich-, 25 kV Wechselspannung oder mit Wasserstoff betrieben werden und Geschwindigkeiten bis 160 km/h erreichen. Die Reichweite einer Wasserstofffüllung beträgt 400 bis 600 km.[33]
Die Régiolis-Triebzüge werden mit zwei verschiedenen Antriebsvarianten gebaut: Als elektrischer Triebzug und als Zweikrafttriebzug (elektrisch und dieselelektrisch). Die Züge können drei-, vier- und sechsteilig zusammengesetzt werden. Die Züge sind vollständig niederflurig, nahezu alle Komponenten sind auf dem Fahrzeugdach untergebracht. Das betrifft auch die Dieselmotoren der Zweikrafteinheiten.[11]
Die Vielfachsteuerung ermöglicht, bis zu drei Sechswageneinheiten zu kuppeln, dadurch stehen bis zu 1000 Sitzplätze zu Verfügung. Die Triebzüge werden im Vorort-, Regional- und Fernverkehr eingesetzt. Sie erreichen im Diesel- und im Fahrleitungsbetrieb eine Geschwindigkeit von 160 km/h. Beim Fahrleitungsbetrieb besteht eine Option auf eine Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h. Die Coradia Polyvalent sind als Zweisystemeinheiten (1500 V = und 25 kV, 50 Hz) ausgelegt, sie können jedoch auch dreisystemfähig für zusätzlich 15 kV bei 16,7 Hz geliefert werden.
Die Einheiten für den Regionalverkehr entsprechen den europäischen Vorschriften zur Beförderung mobilitätseingeschränkter Personen; dafür sind unter anderem die Gänge breiter. Die Wagen erhalten große Fenster sowie ein Fahrgastinformationssystem und Steckdosen. Die Coradia Polyvalent werden mit kompakten und leistungsfähigen Permanentmagnetmotoren mit hohem Wirkungsgrad ausgestattet. Sie sollen einfach zu warten sein und auch die Betriebskosten sollen auf ein Minimum reduziert werden. Diese Züge werden ältere Fahrzeuge ersetzen, sollen aber auch das Verkehrsangebot in den Regionen ausbauen.
Die Züge werden in drei verschiedenen Varianten als Vorort-, Regional- und Intercityeinheiten geliefert. Diese unterschieden sich hauptsächlich in der Wagen- und Türanzahl. Der wichtigste Unterschied zwischen den Regional- und Vorortzügen ist, dass letztere zwei Türen statt einer pro Wagen besitzen. Dies soll einen schnelleren Fahrgastwechsel ermöglichen. Alle Fahrzeuge besitzen eine ähnliche technische Ausstattung. Die für Frankreich bestimmten Einheiten werden zweisystemfähig für 25 kV bei 50 Hz Wechsel- und 1,5 kV Gleichspannung geliefert. Die 17 zusätzlich schweiztauglichen Einheiten sind Dreisystemwagen, die auch unter 15 kV Wechselspannung mit 16,7 Hz im Netz des Léman Express eingesetzt werden können.
Eine 200 km/h schnelle Variante mit vier angetriebenen Drehgestellen und bis zu zehn Wagen wird vom Hersteller als Coradia Liner V200 vermarktet.[34]
Folgende fünf verschiedene Baureihen gibt es:[14]
| |
Coradia A TER |
Dieseltriebwagen in Frankreich, Deutschland und Luxemburg |
Coradia Continental |
Coradia Continental |
Coradia Duplex |
TER 2N 2. Generation • SJ X40 |
Coradia LINT |
LINT 27 (BR 640) • LINT 41 (BR (1)648, 623) • LINT 54 (BR 622) • LINT 81 (BR 620) |
Coradia Meridian |
FS ALe 501 Minuetto • FS ALn 501 Minuetto • ETR.245 • Trenitalia Jazz |
Coradia Nordic |
X60 • X61 • X62 |
Coradia Polyvalent |
Coradia Polyvalent • Coradia Liner |
Coradia Stream |
NS Intercity NG • Trenitalia Pop • CFL 2400/2450 • DSB ES |
Sonstige |
Coradia Juniper • Coradia LIREX • Coradia X3 • Coradia 1000 |