ICE L, ursprünglich unter dem Arbeitstitel ECx geführt, sind Intercity-Expresszüge von DB Fernverkehr der Bauart Talgo 230, die vom spanischen Unternehmen Talgo gebaut werden und 2024 in Betrieb gehen sollen.
ICE L DB-Baureihe 105 | |
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![]() Prototyp eines ICE-L-Wagens, ausgestellt auf der InnoTrans 2022 | |
Anzahl: | 23 Züge bis 2025 |
Hersteller: | Talgo |
Baujahr(e): | ab 2021 |
Bauart: | Talgo 230 |
Spurweite: | 1435 mm |
Länge: | 255 m (mit Lok) |
Höhe: | 4,2 m (Lok) 3,6 m – 3,8 m (Wagen) |
Breite: | 2,9 m (Wagen) |
Leermasse: | 425 t |
Höchstgeschwindigkeit: | 230 km/h |
Stundenleistung: | 6,4 MW |
Leistungskennziffer: | 15 kW/t |
Stromsystem: | 15 kV; 1,5 kV; 25 kV (optional) |
Zugbeeinflussung: | PZB90, LZB, ATB und ETCS |
Sitzplätze: | 562, davon 85 in der ersten und 477 in der zweiten Klasse |
Fußbodenhöhe: | 76 cm |
Klassen: | 1. und 2. Klasse |
Im November 2015 gab die Deutsche Bahn bekannt, neben den – nur bis zu 160 km/h schnellen – Intercity-2-Doppelstockzügen für höhere Geschwindigkeiten zugelassene Fernzüge zu beschaffen. Diese sollten für einen Einsatz auf internationalen Relationen und für den Betrieb auch auf nicht elektrifizierten Strecken vorgesehen sein.[1] Die Ausschreibung für einen Rahmenvertrag wurde am 2. März 2017 veröffentlicht.[2] Die Deutsche Bahn unterschrieb im Februar 2019 einen Rahmenvertrag mit Talgo, der die Lieferung von bis zu 100 Zügen umfasst. In einem ersten Abruf sind 23 Züge zur Lieferung bis 2025 bestellt worden. Die Gesamtkosten sollen sich auf rund 550 Millionen Euro belaufen.
Mitte März 2019 wurde der neue Zug unter dem Arbeitstitel ECx der Öffentlichkeit präsentiert;[3] der Hersteller bezeichnet die Einheiten als Talgo 230.[4][5]
Ein 235 Meter langer Gliederzug besteht aus 17 Wagen, die an den Enden mit dem Nachbarwagen mit Einzelradfahrwerken verbunden sind. Lediglich die Endwagen laufen auf je einem Drehgestell, sodass ein Zug 20 Achsen hat, zuzüglich der vier Achsen der 19,5 Meter langen Mehrsystem-Elektrolokomotive von Talgo. Außerdem beträgt die Fußbodenhöhe bis auf die Endwagenbereiche durchgängig 760 Millimeter über Schienenoberkante. Die Züge bieten damit einen stufenlosen Durchgang sowie, als erste ICE-Züge überhaupt, einen stufenlosen Ein- und Ausstieg, sofern die Bahnsteighöhe 760 mm beträgt.[6][7] Die Züge sollen damit sowohl in Deutschland als auch in den Niederlanden barrierefrei nutzbar werden. Zukünftig sollen laut der Deutschen Bahn und dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur alle Ausschreibungen für Neufahrzeuge im Schienenpersonenfernverkehr die oben genannten Einstiegs- und Durchgangsvoraussetzungen haben.[8]
Anfang 2022 wurde mitgeteilt, dass die Auslieferung der ersten Wagen erst ab 2024 bzw. die der Lokomotiven der Baureihe 105[9] erst 2025 erfolgt und nicht wie ursprünglich geplant ab 2023. Der Hersteller begründet dies mit den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie.[10] Aufgrund dieser Verzögerungen sollen auf der Verbindung Berlin–Amsterdam bis zur Auslieferung der Lokomotiven gemietete Maschinen des Typs Vectron von Siemens eingesetzt werden.[9] Zudem wurde das WTB-System auf das System „ÖBB-WTB“ geändert, um die Talgo-Züge mit mehr Lokomotivbaureihen nutzen zu können. Dieses System wird unter anderem in den Siemens Vectron und bei den Railjet genutzt. Die Talgos der Danske Statsbaner werden ebenfalls den ÖBB-WTB erhalten. DB und ÖBB haben sich auf dieses System geeinigt, damit eine gewisse Standardisierung erreicht wird.[9]
Für den Einsatz auf den nicht elektrifizierten Strecken nach Oberstdorf und Westerland (Sylt) plant DB Fernverkehr den Einsatz von Zweikraftlokomotiven vom Typ Siemens Vectron Dual Mode.[11]
Im Gegensatz zu den anderen ICE-Baureihen (abgesehen vom ehemals als ICE verkehrenden Metropolitan) sind die ICE L keine Triebzüge, sondern lokbespannte Wendezüge.
Die Bezeichnung der Züge wurde im Spätsommer 2021 auf ICE L festgelegt, wobei das L nicht für Lokomotive, sondern für Low floor (Niederflurtechnik) steht.[3]
Die Zuggarnituren sind für eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h konstruiert und bestehen im Lieferzustand aus 15 Mittel-, einem End- und einem Steuerwagen.[12] Anstelle der mitgelieferten Talgo-Lokomotiven können auch andere Diesel- oder Elektroloks die ICE L-Züge bespannen.[13] Die Wagen werden über talgo-typische einachsige Laufwerksportale verbunden sein und folglich zwecks Einhaltung der Achslast und der Fahrzeugumgrenzung eine Talgo-typisch kurze Wagenkastenlänge aufweisen.[14][15]
Das Außendesign wurde gegenüber dem Entwurf von 2019 erheblich verändert.[16] Die Züge bieten drei Rollstuhl-, acht Fahrradstellplätze sowie einen abgetrennten Kleinkind- und Familienbereich mit Spielfläche. Sie sollen laut Deutscher Bahn mit WLAN, Onboard-Unterhaltung (ICE-Portal), zahlreichen Fahrgastinformationssystemen mit Echtzeitdaten und viel Platz für Gepäck ausgestattet sein. Die ICE L-Züge erhalten Bordrestaurants nach DB-Standard.[17]
Im Innenraum kommt das neue Design mit indirekter LED-Beleuchtung zum Einsatz.[18]
Zunächst werden die neuen Züge einem Probebetrieb mit Fahrgästen unterzogen, um daraus gewonnene Erkenntnisse gegebenenfalls in den Bau der weiteren Züge einfließen zu lassen. Ab Dezember 2023 wollte die DB ursprünglich die ersten Talgo-Züge auf der zweistündlich verkehrenden InterCity-Linie 77 Berlin–Hannover–Amsterdam einsetzen. Die Fahrzeit auf dieser Strecke soll sich gegenüber den bisher eingesetzten Zügen um 30 Minuten verkürzen.
Wegen Lieferproblemen bei Talgo verzögert sich der Einsatzbeginn allerdings[19] bis voraussichtlich Oktober 2024[20].
In den folgenden zwei Jahren sollen die Züge nach und nach auch auf den touristischen Verbindungen Köln–Oberstdorf, Karlsruhe–Westerland (Sylt), Berlin–Westerland (Sylt) und Köln–Westerland (Sylt) zum Einsatz kommen.[21][22]: